martedì, 12 novembre, 2024
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MEERESWÜSTE - Emilia Ricotti. Synopsis in german

MEERESWÜSTE
Emilia Ricotti

"Durch Danhailes langen Monolog und die Klage einer Frau, die die Mütter der Gefallenen im Mittelmeer symbolisiert, dringt „Meereswüste" in die Seele eines Migrantenkahnes ein. Dieser reist am 25. März 2011 mit 72 Menschen an Bord aus Libyen ab und wird für vierzehn lange Tage abgetrieben.
Das Drama der neun Überlebenden lässt dringende Fragen auftauchen, sucht nach genauen Verantwortungen und geht der Schattenseite der Geschichte des Abendlandes nach.

Aus „Meereswüste"
DANHAILE
„Wir haben leere Wasserflaschen aus Plastik abgeschnitten und daraus haben wir unseren Urin getrunken,
kurze Pause
verstehst du?
Für vierzehn lange Tage haben wir ihn getrunken. Wir haben Meerwasser, Urin und Zahnpasta vermischt, um den salzigen Geschmack des Wassers nicht wahrzunehmen, und das haben wir dann getrunken.
Furchtbar ist es!
Verstehst du es?
Und hiermit will ich dir erklären, dass man sich als der letzte Mensch auf Erde fühlt, indem man das trinkt. Man muss den Abscheu überwinden, weil es kein Soldat oder Despot ist, der einem die Flasche reicht und sagt: trink nur!
Nein, so einen gibt es nicht, den gibt es nicht!
Keinen gibt es!
Du selbst bist es, der noch leben will, weiter leben will, trotz der Kälte nachts und des grellen Lichts am Tage, des mangelnden Essens und des dröhnenden Meeres. Am Leben bleiben, um über den Tod zu berichten. Und der bittere Kelch, den dir niemand reicht, den du aber fast mit Wucht anstrebst, ist keine dämliche Geschichte, kein Spiel für Angeber.
Er ist das Werk von weit entfernten Gespenstern, die mit Händen nicht zu greifen sind, denen man in die Augen nicht schauen kann, bevor man sich den Mund mit dem Inhalt des Kelches füllt, um diesen dann ihnen ins Gesicht zu spucken.
Es sind weit entfernte Gespenster mit Jacke, Krawatte und Aktentasche; unbefleckte Gespenster, die befolgt und hoch geachtet werden, die glückselig bei Tageslicht handeln. Und du hingegen, verfolgt, geleitet, beobachtet für 342 Stunden, für vierzehn lange Tage, hast den Tod gesehen! Er kam, ging und kehrte zurück, vergaß den Kahn nicht, war absoluter Herrscher! Lösung in der Hand, Zeiger zurück und wenn der Brustkorb platzte, blieb er Hausherr jener geschüttelten Brüste. Er ging weg, dennoch nur kurz!
Dann kehrte er anmaßend zurück, suchte nach einem wankenden Geist und trieb diesen zur Umnachtung, suchte nach einem beschleunigenden Herzen und verleitete es zum Ausbruch. Er entsprach diesen stetigen Läufen, einem anhaltenden Hin und Her. Manchmal sah man ihn nicht kommen, wenn er sich begierig annäherte. Durch die Kälte brachte er einige zum Schlafen, er ließ diese liegen und nur bei Tagesanbruch verstanden die anderen, dass es sich um den ewigen Schlaf handelte.
Der Tod atmete uns auf den Nacken und wir hätten ihn lieber umarmen wollen, um Schluss mit der Welt zu machen, um nicht weiter zusehen zu müssen, aber wer weiß, vielleicht hat ihn mir jemand vom Nacken weggerückt, damit ich über diese 342 Stunden im Meer berichten kann.
(mit Entschlossenheit) Deshalb muss ich davon erzählen! Ich muss davon erzählen!
Verzeihung wenn ich ‚muss' sage, aber jemand muss zuhören und sich vorstellen, auf jenem Kahn und dem aller Migranten gewesen zu sein."

 

Ultima modifica il Mercoledì, 12 Agosto 2015 08:32
La Redazione

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